Mittwoch, 6. April 2016

Kleines Handspindel-Lexikon I - Allgemeines und Fallspindeln

Hallo lieber Leser,

im Nachfolgenden Eintrag möchte ich versuchen Dir die unterschiedlichen Arten von Handspindeln etwas näher zu bringen. Hierbei lege ich keinen Wert auf Vollständigkeit, möchte aber einen Überblick über die gängigen Spindeln geben.
Im heutigen Post stelle ich unterschiedliche Arten von Fallspindeln vor, im Nächsten werde ich dann die unterstützten Spindeln vorstellen

Allgemeines - Beziehungsweise: Warum zu Hölle gibt es so viele unterschiedliche Spindeltypen?


Handspindel ist nicht gleich Handspindel. Abgesehen von Größe, Material und Gewicht lassen sie sich in verschiedene Typen unterteilen. Es gibt Fallspindeln und unterstützte Spindeln in verschiedensten Formen und Ausführungen. Das kann gerade am Anfang ziemlich verwirrend sein. Aber warum gibt es eigentlich so viele?
Ich denke, dass man diese Frage unter zwei Gesichtspunkten beantworten sollte: historische Entwicklung und zu verspinnendes Material, wobei man beide Aspekte aber auch nicht unabhängig voneinander sehen kann.
Die "Erfindung" der Handspinnerei wird - in der Regel - in das Neolithikum, also die Jungsteinzeit, verortet und fand in verschiedenen Regionen der Welt parallel statt. Dadurch ergibt sich natürlich, dass sich die Formen in verschiedenen Kulturen voneinander unterscheiden, wenn auch das Prinzip der Handspindel immer das Gleiche ist. (diese kulturellen Unterschiede gelten selbstverständlich für diverse Werkzeuge und Waffen). Formgebend war zudem das Material mit dem ein bestimmter Kulturkreis vorwiegend arbeitete.
Um ein Beispiel zu nennen: Im Alten Ägypten verwendete man meistens Kopfspindeln mit einem rundlichen Wirtel aus Ton. Holz gab es nicht besonders viel und ein Wirtel aus Ton lässt sich leicht herstellen - vor allem an den Ufern des Nils. Die Spindeln müssen dadurch recht schwer gewesen sein, was bei dem verwendeten Material, Flachs, aber kein Problem darstellt. Die Ägypter verspannen den Flachs zudem aus einem Vorfaden, den man vorher sorgfältig vorbereitete. Durch die schwere Spindel war so also ein effizientes Spinnen möglich, da die Fasern nicht ausgezogen werden mussten.
Tiefer will ich hier gar nicht in die Materie gehen, auch wenn ich derartige Untersuchungen sehr spannend finde.

1. Fallspindeln (englisch: Drop spindles)

Als Fallspindeln bezeichnet man alle Spindeln die hängend besponnen werden. Fallspindeln lassen sich am besten im Stehen handhaben, können aber auch in bestimmten Sitzhaltungen benutzt werden.

Die Tiefenwirtelspindel
Wie der Name schon sagt befindet sich bei dieser Art von Spindel der Wirtel beim Spinnen unten am Stab. Die Wolle wird oberhalb des Wirtel aufgewickelt. Je nach Gewicht und Material der Spindel kann man fast jede Art von Faser verspinnen und jede Garnstärke erzeugen. Ausklammern würde ich hier definitiv Baumwolle und sehr kurze Fasern (z.B. Kamel).
Die Form des Wirtels kann sehr variieren.


Die Kopfspindel
Bei Kopfspindeln befindet sich der Wirtel beim Spinnen oben und die Wolle wird unterhalb aufgewickelt. Im Prinzip unterscheidet sie sich nicht wirklich von der Tiefenwirtelspindel. Der einzige Unterschied im Spinnvorgang ist, dass man die Kopfspindel am Bein andrehen kann. Dadurch entsteht ein sehr starker, schneller Drall, der vor allem für dünnes Garn Voraussetzung ist.
Genau aus diesem Grund spinne ich auch lieber mit Kopfspindeln, aber das ist natürlich Geschmackssache.


Die Kreuzspindel (Turkish spindle)
Die Besonderheit bei der Kreuzspindel besteht in der Art wie die Wolle aufgewickelt wird. Sie wird in einem bestimmten Schema über und unter den kreuzförmigen Wirtel geführt. Dieser Wirtel ist abnehmbar und besteht aus zwei einzelnen Hölzern. Diese können nach dem Spinnen aus dem aufgewickelten Garn gezogen werden und man hat ohne Abwickeln ein Knäuel.

Kreuzspindeln benutze ich selbst noch nicht so lange, aber inzwischen bin ich total verliebt! Gerade bei Farbverläufen ist das aufgewickelte Garn ein Traum. Nach meiner Erfahrung haben die Kreuzspindeln jedoch nicht so einen starken Drall.
Insgesamt spinnt man mit einer Kreuzspindel schon etwas langsamer, da das aufwendige Wickeln länger dauert.


Das war es für heute, ich hoffe, Du konntest ein paar Informationen mitnehmen.
Demnächst geht es dann weiter mit Teil 2 und den unterstützten Spindeln.

Bei Fragen oder Anmerkungen kannst Du gerne einen Kommentar hinterlassen oder mir eine Mail an seidenraupenwolle@web.de schreiben

Bis bald!
Deine Seidenraupe

(Ps: Bilder folgen Stück für Stück!)



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen